Der Bildhauer von Samnaun
Helmut Tschiderer kombiniert Leidenschaft und Beruf
Vom Koch zum Bildhauer – vom Tirol nach Samnaun
Viele Jahre war Helmut auf seinem gelernten Beruf als Koch tätig. Heute noch hilft er gelegentlich im Hotel Des Alpes aus. Seine Berufstätigkeit war auch der Grund dafür, dass er 2001 nach Samnaun kam. In seiner Freizeit war der Tiroler immer wieder künstlerisch tätig. Seine ersten handwerklichen Erfahrungen machte Helmut im Alter von vier bis fünf Jahren, als er sich in die Finger schnitt.
Ein unbewusstes Talent
Nicht von Beginn an war sich Helmut Tschiderer seines Talents bewusst. Dies wurde ihm erst klar, als er von einem Freund darauf hingewiesen wurde: Beim Warten auf ebendiesen war der junge Helmut mit einer Zeichnung als Geschenk für seinen Bruder beschäftigt. Sein Freund fragte erstaunt, ob er die Zeichnung in der kurzen Wartezeit gezeichnet hätte. So wurde Helmut auf seine Begabung aufmerksam gemacht.
Spürbare Begeisterung
Helmut Tschiderer übt künstlerische Arbeiten stets mit Freude aus. Die Bildhauerei ist sein Leben, denn zumindest gedanklich ist er sieben Tage die Woche bei der Bildhauerei. Helmuts Leidenschaft für seine Tätigkeiten ist in seinen Kunstwerken sowie bei seinen Erzählungen deutlich spürbar. Beim Ferientipp «Schnitzen und Steinhauen» gibt er seine Begeisterung an die Gäste weiter.
Werkunterricht mit Helmut
In Zusammenarbeit mit der Oberstufe Samnaun führt Helmut Tschiderer zu seiner Freude Projekte im Werkunterricht durch, zum Beispiel das Schnitzen einer traditionellen Maske. Schon nach kurzer Zeit zeigt sich bei den Schülerinnen und Schülern Begeisterung, was sich daran erkennen lässt, dass sie bis zum Klingeln der Schulglocke arbeiten. Helmut freut sich über die Wertschätzung, welche er für sein Engagement erhält.
Flamingos im Wintersportort Samnaun
Sieben «Flamingos im Schnee» kreierte Helmut im Januar 2017. Die Vögel standen am verschneiten Ufer des Schergenbachs in Samnaun-Ravaisch, direkt gegenüber der Skipiste. Die Flamingos im Schnee waren ein beliebtes Fotosujet bei den Skigästen. Nun sind die Flamingos weiter talauswärts in Samnaun-Laret bei der Mündung des Milbachs in den Schergenbach bei der Sennerei anzutreffen.
Im Winter und Sommer in Samnauns Natur unterwegs
In seiner Freizeit ist Helmut im Sommer auf dem E-Bike und im Winter auf den Ski anzutreffen. Das E-Bike-Fahren ist für ihn wie eine Entdeckungsreise. Zudem erholt er sich im Winter mehrmals pro Woche im Alpenquell Erlebnisbad bei einem Sauna-Besuch oder beim Schwimmen. Ebenso geniesst Helmut als ehemaliger Koch die von ihm geschätzte Spitzengastronomie im Samnauntal.
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Künstlerischer Werdegang und Erfolge
Einige Jahre nach seiner Ausbildung zum Koch begann Helmut im Alter von 34 Jahren einen zusätzlichen Lehrgang: Er absolvierte eine Ausbildung zum Holz- und Steinbildhauer, die er teilweise durch den Verkauf seiner Kunstwerke finanzieren konnte. Zudem arbeitete Helmut sechs Jahre als Dozent für Motorsägen-Schnitzerei an einer Privatschule in Elbigenalp im österreichischen Lechtal.
Zu seinen Erfolgen zählt unter anderem Tschiderers im Jahr 2019 veröffentlichtes Buch «Schnitzen mit der Motorsäge». Darin thematisiert er die Grundlagen und Sicherheit des Umgangs mit der Motorsäge und gibt Schritt-für-Schritt-Erläuterungen zu Werkstücken. Seine Kunstwerke präsentierte Helmut Tschiderer an Ausstellungen in Samnaun, Ftan im Unterengadin, Österreich, Südtirol sowie London.
Die Natur als Impuls
Inspiration findet Helmut in der Natur sowie durch sein Gefühl. Beispielsweise entdeckt er bei einem Strandspaziergang schöne Formen und Linien im Sand. Auch der Wald ist nach dem Regen von Linien und Spuren gekennzeichnet, wodurch Helmut neue Ideen konstruiert.
Helmut spielt in seiner Arbeit gerne mit Linien und Flächen. Aus Linien können viele neue Ideen geschöpft werden. Seine Kunst ist geprägt von organischen Formen. Darunter versteht Tschiderer die in der Pflanzenwelt ersichtlichen Drehungen und Spannungen, wie beispielsweise bei einem Blatt. Auch der goldene Schnitt gehört dazu, von dem jedes Blatt und Lebewesen geprägt ist. Ebenso ist der weibliche Torso oft in seinen Kunstwerken erkennbar.
Mangel an Ideen – das kennt Tschiderer nicht. Ganz im Gegenteil: Seine Kreativität für neue Projekte geht ihm nie aus. Helmut arbeitet nach dem Motto «Handle nach Gefühl», was zu erfolgreichen Ergebnissen führt. Sein Bestreben ist es nicht, perfekte Körper oder Objekte zu schaffen, sondern die Form – verbunden mit Drehung, Zug und Spannung – zu finden. Seine Arbeit ist wie die Erforschung von etwas Unbekanntem: während der Arbeit findet er immer wieder neue Ideen, Inspirationen und Erkenntnisse.
Vielfältige Kunstwerke entstehen
Tschiderer arbeitet nach eigenen Ideen, aber ebenso führt er Kundenaufträge aus. Bei den Aufträgen, welche auf Grundlage eines Gesprächs ausgearbeitet werden, handelt es sich vielfach um Holzobjekte, welche mit der Motorsäge entstehen.
Tschiderers Darstellung von Corona
Inspirierend findet Helmut auch Situationen wie Covid-19, so dass er zu diesem Thema die für ihn passende Corona-Skulptur kreierte: die Schrauben am Kopf repräsentieren die «typische» Darstellung von Corona in den Medien, die grüne, eitrige, schleimige Farbe des Hemdes ist ein Sinnbild von Infektion, die rote Hose als Gefahren-Symbol und die schwarze Krawatte als Trauer für die Verstorbenen.
Bildhauer und Künstler ein Leben lang
Helmuts Wunsch ist es, noch lange als Bildhauer und Künstler zu arbeiten und davon leben zu können. Eine Zusammenarbeit mit einer Galerie ist für Tschiderer ebenfalls erstrebenswert. Eine Galerie findet man allerdings als Künstler nicht, sondern der Künstler wird von der Galerie gefunden.
Text: Selina Vincenz
Bilder: Selina Vincenz, Helmut Tschiderer