Die Liebe zu den Bienen

Arthur Jenal

Story Arthur Jenal
Der pensionierte Primarschullehrer erzählt von seinem Hobby als Imker, eine Beschäftigung, die Körper und Geist fordert. Schon als Kind war er von den Bienen begeistert, da seine Grossmutter oft von der Zeit als Imkerin erzählt hatte. 1984 hat er dann seinen ersten Schwarm bekommen und schliesslich mit der Bienenzucht begonnen, ein Kindheitstraum wurde wahr. Neben seiner Hingabe zur Imkerei entdeckte er auch die Leidenschaft zum Malen, die er über Jahre hinweg als Lehrer vermittelte und ihn bis heute fasziniert.
Story Arthur Jenal

Immer einen Schritt voraus

«In Gedanken muss man immer einige Schritte voraus sein: Wie sind die Wetterprognosen? Was blüht gerade? Wie entwickeln sich die Völker? Haben die Bienen genug Raum? Kündigt sich ein Schwarm an? Wie kann ich dies verhindern? Lege ich dieses Jahr Wert auf Ertrag oder auf Völkervermehrung?

Umwelt, Schädlinge und natürliche Feinde

Als wichtigste Voraussetzung gilt, dass die Bienenstöcke nicht auf der Schattenseite eines Tales stehen dürfen. Allerdings ist es auch nicht ratsam, sie in den prallen Sonnenschein gegen Süden auszurichten. Ideal wäre eine Ausrichtung des Fluglochs gegen Süd-Osten. So haben die Bienen bereits beim Aufgang der Sonne die Wärme auf dem Flugbrett und werden zum Sammelflug animiert. Man darf mit Fug und Recht behaupten, dass der Standort eines Bienenstandes oft das grösste Problem für jeden Imker darstellt. Ich musste dies selbst erfahren, nachdem mein Bienenstand ausserhalb von Plan durch eine riesige Lawine im Winter 2020 zerstört wurde.

Ausserdem haben viele Imker mit dem Schädling Varroa zu kämpfen. Diese Milbenart wurde von Wissenschaftlern aus Asien nach Europa eingeschleppt und hat sich nun überall verbreitet, wo Bienenzucht praktiziert wird. Wir müssen wohl mit diesem Schädling leben, der uns viel Arbeit und Kosten verursacht. Eines ist jedoch wichtig: Wenn wir die Varroa nicht bekämpfen, sterben die Bienenstöcke innert kürzester Zeit.

Pestizide sind ein heikles Thema, insbesondere in Gegenden, wo durch den Obstbau und die Intensiv-Landwirtschaft viel Chemie eingesetzt wird. Mancherorts sind dadurch Tausende von Bienenvölkern zugrunde gegangen. Wir in Samnaun dürfen uns glücklich schätzen, dass keine Pestizide eingesetzt werden, die Bienen und Honig gefährden könnten.

Natürliche Feinde wie der Bär, waren auch schon in Samnaun. Ich muss von Glück reden, dass er meine Bienen bis anhin noch in Ruhe gelassen hat. In der kritischen Zeit hatten wir einen Elektrozaun zum Schutz der Bienenvölker installiert.

Arthur Jenal Story

Die Königin und das Volk

Ein Bienenvolk besteht aus drei verschiedenen Bienen-Typen: den Arbeiterinnen, den Drohnen und einer Königin. Alle Bienen in einem Stock sind «Geschwister» und stammen von einer einzigen Mutter ab, der Bienenkönigin. Das Volk besteht fast ausschliesslich aus unfruchtbaren Weibchen, den Arbeiterinnen. Sie erfüllen viele verschiedene Aufgaben, von der Brutpflege bis hin zum Futtersammeln. Das einzige vermehrungsfähige weibliche Wesen in einem Bienenvolk ist die Königin. Männliche Tiere, die sogenannten Drohnen, gibt es nur für ein paar Wochen im Jahr. Sie haben nur einen Lebenszweck: Königinnen auf ihrem Hochzeitsflug zu begatten. Und dabei sterben sie. Drohnen, die dieses Schicksal nicht ereilt hat, werden nach der Begattungssaison im Herbst aus dem Stock verbannt.

Die Königin ist essenziell für das Volk und sichert den Fortbestand. Die Natur hat das Problem aber im Griff. Die Bienen können die Königin ersetzen, sofern noch geeignete Eier im Brutnest vorhanden sind. Eine andere Vorgehensweise ist der Ersatz der Königin durch den Imker. Dies ist kein einfaches Vorgehen und bedingt eine gewisse Erfahrung. Wenn man nicht sehr vorsichtig ist, wird die neue Königin nicht akzeptiert und getötet.

Überwinterung

Die Bienen haben im Winter nur ein Ziel: zu überleben. Es kann in Samnaun schon mal bis zu -25 °C kalt werden. Durch die Aufnahme des Futters sind die Bienen in der Lage, durch das Muskelzittern die Wärme zu produzieren, die das Überleben auch bei tiefsten Temperaturen garantiert.

Häufige Fehler bei der Bienenhaltung

Der grösste Fehler ist die Unsorgfältigkeit. Wenn man Bienen betreut, muss man sich bewusst sein, dass man nicht allein in einer Gegend ist. Es leben Menschen dort, es arbeiten Bauern auf den Feldern, es betreuen noch andere Imker ihre Bienen. Insbesondere ist dabei über den sorgfältigen Umgang mit Wabenmaterial zu sprechen, das nicht rumliegen darf, da es andere Bienen anlockt und Probleme verursachen könnte. Ebenfalls sehr wichtig ist es, die Vorgaben des kantonalen Amtes für die Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit GR zu beachten.

Arthur Jenal Story

Ein paar Bienenstiche gehören dazu

Ich werde eher selten gestochen. Die Stiche sind für mich inzwischen unproblematisch, was zu Beginn meiner Tätigkeit als Bienenzüchter allerdings nicht so war. Im Sommer arbeite ich meistens ohne Schutzkleidung, da die Bienen dann nicht angriffig sind. Meistens benutze ich ein bisschen Rauch, der die Bienen beruhigt und zurückdrängt. Anders ist es bei der Honigentnahme. Dann wäre es dumm, ohne Schleier zu arbeiten, denn in dieser Periode sind die Bienen sehr angriffig, da sie ihren Wintervorrat verteidigen müssen.

Arthur Jenal Story

Samnauner Gebirgsblütenhonig

In Samnaun gibt es nur Blütenhonig, während in tieferen Lagen auch Blatthonig und sogenannter Waldhonig geschleudert werden kann. Der Bienenhonig aus Samnaun ist deshalb eine Delikatesse, weil die Blumenpracht des Samnauntals von einer ausserordentlichen Vielfalt ist und eine Grundlage für unseren erstklassigen Gebirgsblütenhonig darstellt. In erster Linie bringt die Alpenrose am meisten Nektar. Aber die Mischung macht es aus.

 

Wir verkaufen unseren Honig in der Bäckerei Rechsteiner. Zudem bedienen wir unsere einheimischen Kunden, die uns immer noch die Treue halten, bei uns zuhause.

Story Arthur Jenal

Die Verarbeitung

Vor der Entnahme wird der Honig mit einem sogenannten Refraktometer abgemessen, dieser zeigt den Wassergehalt des Honigs an. Nach den Vorgaben des Imker-Verbandes in der Schweiz muss er unter 18% sein. Der Imker achtet jedoch auch darauf, dass die Honigwaben verdeckelt sind. Dann ist der Honig reif.

Story Arthur Jenal
Story Arthur Jenal

Danach müssen die Honigräume möglichst schnell in den Schleuderraum transportiert und bestenfalls sofort geschleudert werden, da der Honig dann noch von der Stockwärme her gut fliesst und nicht zäh ist. Lässt man ihn länger stehen, wird er kalt und ist schlechter schleuderbar. Nach dem Schleudern filtriert man den Honig mit einem Dreifachsieb und füllt ihn in Kesseln ab. Nach etwa einem Monat ist der Honig dann klar, da alle kleinen Luftbläschen an die Oberfläche gelangt sind und man kann ihn in Gläsern abfüllen.

Tipps zur Behandlung von Bienenstichen

Bienenstiche sind unangenehm, besonders für Allergiker. Wer empfindlich ist, sollte Bienen meiden. Die Schwellung lässt sich aber für die meisten Menschen nicht vermeiden, es sei denn, sie seien Imker, die eine gewisse Immunisierung erlangt haben. Dies ist bei mir glücklicherweise der Fall. Ganz generell kann man feststellen, dass jeder Mensch sehr individuell auf Stiche reagiert. Es kommt auch immer darauf an, welche Menge an Bienengift in die Haut gelangt ist. Darum: Nie die Giftblase mit den Fingern zusammendrücken, wenn man den Stachel entfernt. Dadurch wird nämlich das ganze Depot an Gift in die Stichstelle gedrückt.

Der therapeutische Nutzen von Honig

Bei den alten Ägyptern war Honig das, was für die heutigen Menschen das Aspirin ist: das beliebteste Heilmittel. Noch heute wird von Ärzten vor allem in Entwicklungsländern Honig zur Wundheilung verwendet. Er verhindert zudem das Wachstum von pathogenen Bakterien und Pilzen. Ausserdem wird er auch bei entzündlichen Magen- und Darmerkrankungen, Bronchialerkrankungen, zur Beruhigung oder bei Durchfall eingesetzt. Propolis enthält bis zu 200 Inhaltsstoffe und zählt zu den wirksamsten natürlichen Antibiotika.

Story Arthur Jenal

Die Malerei befreit und lässt einem alles um sich herum vergessen

Schon als Kind hatte ich Freude am Malen, damals wurde dies aber nicht gefördert oder beachtet. Später durfte ich in meinem Beruf Kinder im Zeichnen unterrichten. Das Zeichnen und Illustrieren waren insbesondere in meinen Anfängen als Lehrer noch das tägliche Brot, da es damals noch keine Computer, Beamer und Projektoren gab.

Story Arthur Jenal

Beim Malen bin ich in einer anderen Welt, man konzentriert sich nur auf das Wesentliche. Ich schaue ganz genau und gehe quasi in die Tiefe dessen, was ich sehe. Es ist nicht nur ein erster Eindruck, es ist eine Analyse, die es erst ermöglicht, eine Illusion auf die Leinwand zu bringen. Die Illusion besteht darin, etwas mit Farbe in das richtige Licht zu stellen, das nicht flach erscheint, sondern lebt. Ich frage mich: Welche Farben und welche Technik muss ich verwenden, um einen besonderen Effekt zu erzeugen. Wie gelingt es mir zum Beispiel, die Tiefe in einer Landschaft zu erzeugen, so dass der Betrachter das Gefühl hat, er würde in die Ferne schauen. Ich mag alles, was mich anspricht, was bei mir Emotionen auslöst. Die Landschaft, die Dörfer, spezielle Gebäude von Samnaun. Hier habe ich Erinnerungen und eben Emotionen, die meine Gedanken und mein Empfinden immer noch und immer wieder neu prägen. Sie bewirken bei mir einen «Eindruck». Mit anderen Worten: Es bleibt etwas, das du mit dir mitnimmst, das dauert.

In diese Kategorie fallen ganz besonders die Portraits von Menschen. Das ist etwas vom Herausforderndsten, aber auch vom Befriedigendsten für mich. Es vergehen oft Stunden, wenn ich nur ein Auge zum Glänzen zu bringen versuche. Die Zeit spielt dabei keine Rolle, es ist danach einfach nur später. Es zählt nur das Ergebnis, der Effekt, der mir gelungen oder missraten ist. Dann ist die Bemerkung, mein Bild sähe aus wie ein Foto, kein Kompliment: Das Gemälde muss besser sein, sonst könnte man ein Foto einrahmen und an die Wand hängen.

Story Arthur Jenal
Story Arthur Jenal

Diesen Sommer dürfen wir wiederum am 6. Juli beim Gipfelgenuss in einem einmaligen Ambiente des Restaurant Sattel Panorama auf 2500 m ü. M. einige Werke allen Interessierten zeigen. Vielleicht gelingt es danach, im Tal unten eine Möglichkeit zu finden, dass auch die Einheimischen unsere Bilder betrachten könnten. Wir durften feststellen, dass uns gerade von der einheimischen Bevölkerung des Samnauntals sehr viel Wohlwollen entgegengebracht wird.

Die Heimat ist dort, wo das Herz zuhause ist: «Einen alten Baum kann man nicht verpflanzen, er ist eben verwurzelt»

Ich habe auch Erfahrungen gemacht, wie erfüllend es an anderen Orten sein kann. Aber: Wie schön es auch überall sein mag, nach einer gewissen Zeit drängt es mich immer wieder dahin zurück, wo ich herstamme. So wie die Lachse nach Jahren dorthin schwimmen müssen, wo sie geboren worden sind, so muss auch ich immer wieder zurück nach Samnaun.

Story Arthur Jenal

Am liebsten bin ich natürlich am Schergenbach bei meinen Bienen. Zudem liebe ich die Alp Trida im Sommer über alles. Der Planer und Ravaischer Salaas sind Gegenden, die einen ganz speziellen Reiz auf mich haben, damit verbinde ich auch viele Erinnerungen aus meiner Kindheit. Die Gegend hinter Compatsch bis in die Fliesser Alp ist auch etwas Besonderes, da sind überall Plätzchen zum Verweilen und Träumen. Nicht zu vergessen ist die Talseite von Clis Grond, Mot Grond bis nach Curschiglias

Bilder: Dominik Täuber

Text: Marion Prinz